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Georg Kronawitters A bis Z:

Ude oder: "Was Bürgernähe ist, bestimme ich"

Warum?

Warum schreibe ich hier über Christian Ude, den amtierenden Oberbürgermeister Münchens? Keine Angst, lesen Sie ruhig weiter, es wird keine parteipolitische Schema-F-Abrechnung. Beurteilen Sie selbst, ob ich mit meiner Einschätzung richtig liege oder nicht.

Auch die Tatsache, dass Ude mit Alt-OB Georg Kronawitter (...mehr) im Laufe seines politischen Lebens mehrfach massive Probleme hatte - zuletzt beim "Hochhaus-Entscheid" - soll hier lediglich erwähnt werden.

Nein, mit dieser Seite will ich etwas am von den Medien vermittelten Bild kratzen, Ude sei ein fehlerloser Oberbürgermeister, bürgernah und kompetent.

Gerne gebe ich zu, dass OB Ude in der Regel ein brillanter Kommunikator ist, tolle Grußworte spricht - häufig gewürzt mit einem sympathischen Schuss Selbstironie. Kommunikation ist unverzichtbar, aber reicht sie allein aus?

Die folgenden Beispiele zeigen, wie bürgerfern Ude geworden ist, wie weit er sich innerhalb der letzten 10, 15 Jahre von seinen basisdemokratischen Überzeugungen entfernt hat.

Thema 1: selektive Bürgernähe

Gerne lässt sich Ude von ihm nahestehenden Lokaljournalisten als "Bürger-King" titulieren. Ist er das wirklich? Ja, wenn die Bürger seiner Ansicht sind, wie z.B. mehrheitlich beim Thema TRANSRAPID. Da beschwört Ude in nahezu jedem zweiten Satz den von ihm glasklar erkannten Bürgerwillen, da unterwirft er sich gerne dem Votum von Einwohnerversammlungen.

Wehe aber den Bürgern, wenn sie eine andere Meinung haben und "falsch" abstimmen, zum Beispiel bei der Sendlinger Groß-Moschee: da heisst es bei ihm schnell, er kenne keinen Stadtrat, der sich von abweichenden Bürgervoten habe beeindrucken lassen. Beeindruckend war im Gegenzug, wie er bei diesem Projekt verwaltungsintern Druck auf die Lokalbaukommisionsmitarbeiter machte, dass die Baugenehmigung innerhalb der Rekordbearbeitungszeit von 1 Woche erteilt wurde. Dass das Ganze dann vom VG München kassiert wurde, konnte Ude als Volljurist nun wirklich nicht vorhersehen!

So stellt man sich einen wahren Bürger-King vor, oder?

Thema 2: Bezirksausschuss-Rechte - Rollback auf ganzer Linie

"Wissen nicht die Pasinger selbst am besten, wie ein Platz in Pasing gestaltet werden soll und welche Vereine vor Ort besonders förderungswürdig sind? Haben nicht die Bezirksausschüsse des jeweiligen Viertels viel mehr Orts- und Sachkenntnis als Stadtratsmitglieder vom anderen Ende der Millionenstadt?"

Der so schrieb, war niemand anderer als OB Ude. Das Zitat stammt aus der 1997 erschienenen Festschrift "50 Jahre Münchner Bezirksausschüsse", zu der Ude das Vorwort schrieb (komplettes Vorwort).

Wie wahr möchte man sagen: jeder Münchner Stadtbezirk entspricht im Mittel einwohnermäßig der Stadt Rosenheim - kompetenzmäßig ist er schlechter dran wie jede 3.000 Einwohner-Gemeinde in Bayern!.

Dabei begann es 1995 hoffnungsvoll: Es war insbesondere ein - historisches - Verdienst von SPD-MdL Klaus Hahnzog, dass er 1995 auch die Aufwertung der Bezirksausschüsse in das erfolgreiche Bürgerbegehren "Mehr Demokratie" integrierte und somit 1996 die BAs erstmalig direkt gewählt werden konnten.

Auch Christian Ude betonte jahrelang immer wieder, dass er nichts lieber täte, als jenen, "die vor Ort die Ahnung haben" auch mehr Rechte und Kompetenzen zuzugestehen (s.o.) . Nur leider, leider sei da die böse CSU in Stadtrat und Ladtag dagegen. Leider hatte Ude darin auch jahrelang Recht - zumindest vordergründig.

Denn schon früh zeichnete sich ab 1996 ab, dass nicht nur der Münchner Stadtrat den BAs nur wenige Entscheidungs-Rechte abtreten wollte. Jeder Blick in eine aktuelle BA-Tagesordnung zeigt, dass Entscheidungsrechte nur in homöopathischen Dosen vorkommen - im Ggensatz zu einer Stadtrats-Tagesordnung.

Auch bei der Interpretation der wenigen BA-Entscheidungsrechte zeigte sich die Ude-Administration immer restriktiver.

Ansatzpunkt war die Auslegung des Begriffs "stadtteilbezogen", weil der BA nur bei Angelegenheiten, die ausschließlich stadtteilbezogen sind, ein Entscheidungsrecht haben kann. Es kann sich jeder leicht vorstellen, dass "irgendwie" in einer eng vernetzten Großstadt alles mit allem zusammenhängt, somit eine pragmatische Festlegung des Begriffs "stadtteilbezogen" angesagt ist.

Auch hier waren es wieder Konflikte einzelner nicht-linientreuer BAs mit den Horten rotgrüner Stadtpolitik, also dem Schulreferat und dem Sozialreferat, die dafür sorgten, dass Ude in puncto BA-Rechte wieder die Daumen senkte.

"Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?" - sagte dies Konrad Adenauer (CDU) oder Herbert Wehner (SPD). Egal wer es sagte, Ude handelt einfach danach.

Thema 3: Die Olympiapark-Affäre oder OB Ude und die Transparenz

Wir erinnern uns: Ude hatte als Schülerzeitungsredakteur und Lokalredakteur der SZ in seiner Jugend (d.h. 1968ff) durchaus eine aufklärerische Phase. Lesen Sie weiter, was beim OB Ude davon geblieben ist:

Die Olympiapark-Affäre sind eigentlich zwei Affären: Die erste Affäre ist, dass bei Sponsorengeschäften zwischen zwei 100 Prozent städtischen Firmen - deren Aufsichtsratchef jeweils OB Ude ist - private Vermittler eingeschaltet werden, die 17,5 % der Sponsorensumme als Vermittlungsgebühr kassieren. In diesem Fall also Geld, das die Kunden der SWM berappen mussten.

Die umstrittene Praxis war durch Berichte des Bayerischen Rundfunks (BR) und der Süddeutschen Zeitung an die Öffentlichkeit gelangt. Wilfrid Spronk, Geschäftsführer der Olympiapark-GmbH, hatte sich zuvor jahrelang geweigert, dieses und andere Details zu den Verträgen vor Journalisten offenzulegen. Erst durch die Klage des BR-Journalisten Peter Kveton, der bis vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe zog, wurde die Herausgabe der Informationen erzwungen (SZ-Artikel).

Und hier zeigt sich der zweite, der Ude-Skandal: Der OB konnte bis heute nicht darlegen, warum er seine Bedenken gegen diese Praxis nicht frühzeitig angemeldet hat.

Schlimmer noch: OB Ude beharrte bis zum Schluss darauf, dass dem Journalisten Peter Kveton durch alle Gerichtsinstanzen hindurch das verbürgte Einsichtsrecht verweigert werden sollte. Das nenn' ich Bürgernähe!

[Start] (C) Dr.Georg Kronawitter, 2007